Dorothea Nürnberg

Cover-SONNENWIND-KL
sonnenwind


sonne, uraltes symbol des lebens, sinnbild des göttlichen, des höheren selbst.
zentrum des universums, zahlloser universen.
auch innere sonnen, herzsonnen. leben ist sonnenhaft.
der lyrikzyklus sonnenwind taucht ein in archetypen des lichts, erweckt in lyrischen klanggemälden erleuchtungs- und liebewege.
feuerwege. inneres feuer erweckt durch atem, erkenntnis, herzbrand.
sind die feuerproben gemeistert, wehen die funken, das licht.
leichtigkeit, freude.
herzfunken.
sonnenmeer.

spiel mit dem feuer. suche nach herzsonne.
wagnis im wort.
feuerwort.
lebenshauch.
sonnenwort.

Einladung Welttag der Poesie - 21.3.2018

Auszüge aus der Rede von Frau Botschafterin Dr. Teresa Indjein, Leiterin der Kulturpolitischen Sektion im BMEIA, anlässlich der Buchpräsentation des Lyrikzyklus sonnenwind und der spanischen Ausgabe von herzwortweben am Welttag der Poesie, 21. März 2018 im Europasaal des Österreichischen Lateinamerika Instituts, Wien.

„Sehr geehrte Dorothea Nürnberg, sie sind eine bezaubernde Person, eine bezaubernde Künstlerin und es freut uns, dass wir immer wieder mit Ihnen in unserer großen Welt der Auslandskultur zusammenarbeiten können und dass Sie, als Vertreterin Österreichs, Ihre künstlerische Stimme draussen zum Klingen bringen...
Wir feiern heute die Lyrik, die vielleicht größte Sprachkunst, die Regungen des Herzens.
So leicht und klein oft die Form, so stark die Wirkung. suche nach herzsonne, schreibt unsere Autorin, wagnis im wort. sonnenwind. Sonnengleich, ihre Poesie. Sich verzaubern lassen ... was Lyrik alles kann! In einem Augenblick alles verwandeln, zu Erkenntnis führen.

Die Lyrik ausgesprochen, wie sonntags immer im Radiosender Ö1 von 8 – 9 Uhr in der früh. Die Poesie enthält das ganze Leben, und findet sogar Worte für den Anfang und das Ende, und kein Ende, weil sie noch über alles hinausweisen kann. Das ist doch ein riesiges Geschenk, so wie die Kunst ein wunderbares Geschenk ist, das die Menschen einander machen.

liebe misst den takt des lichts, unsere Autorin. Immer zur Frage, welches Leben möchten wir führen? Gestern in der Straßenbahn lese ich das Magazin Economist. Ein Artikel über neue Technologien der Gesichtserkennung, Totalüberwachung, die neuen Möglichkeiten, staunend und mit Bangen, über diese neuen Herrschaftsmöglichkeiten. Auch in der Tasche, die Lyrik von Dorothea Nürnberg und ich dachte mir: wie schön ist es, sich von der Kunst vereinnahmen zu lassen. Sie kann uns soviel zeigen, uns zu unserem wahren Wesen führen, wie es der Bildhauer Rudi Wach beschreibt. Freude und Erkenntnis...
Unsere Seele braucht auch ihre Nahrung. Es geht uns besser, je öfter wir uns rückversichern, dass wir seelische Wesen sind. Ein solcher Grund verändert viel, verändert, was wir denken und fühlen, und auch Haltungen und die Politik. Und dass in uns das Paradies wohnen kann, dass alles, was wir uns je zu diesem Wort erträumt haben, gar wahr sein kann. Die Lyrik kann uns dorthin führen, die Zeilen von Dorothea Nürnberg.

Das ist doch ein unglaubliches Werkzeug, ein tool, ein Gefährt, die Poesie kann uns führen, uns bei der Verwandlung der Momente – ein neoliberales Wort dazu gefällig: bei der Qualitätssteigerung – des Daseins helfen.

Ganz zart und sachte wird sie herbeigeholt, wie mit einem Windhauch, und bleibt doch lange bei uns, im Tiefenspeicher.
Wieder ein neoliberales Bemessungswort gefällig? Nachhaltig.
Manche Gedichte begleiten uns ein Leben, sie ziehen Spuren in der Seele.

Liebe Weltenwanderin und Kosmopolitin Dorothea Nürnberg, herzlichen Glückwunsch zum neuen Buch. Ihnen, sehr geehrte Gäste, alles Gute zum Welttag der Poesie, und der Autorin viel Erfolg bei ihrem Schaffen, und unsere Dankbarkeit.

Wie schön, dass sie für uns schreiben.“



«Der Literarische Zaunkönig» (Wien); Heft 2/2018 , Rubrik „Lesenswert“

Martin Stankowski Dorothea Nürnberg, sonnenwind, Lyrik. Wien (Ibera) 2018, ISBN 978-3-85052-374-5. 90 S.

«Bin derzeit vertieft in die Fertigstellung des neuen Lyrikzyklus – welch Freude, sich wieder in der beinahe grenzenlosen Fülle lyrischen Ausdrucks zu verlieren», schrieb mir Frau Nürnberg: Was mich naturgemäß neugierig auf passende Beobachtungen machte. In Zum Geleit weckt sie eine erste Verknüpfung: Vogel und Dichter sind nur noch ein Wesen, ein Zitat Rimbauds, Dichter als Diebe des Feuers, Prometheus gleich. Und weiter formuliert sie: sonnenwind taucht ein in archetypen des lichts, erweckt in lyrischen klanggemälden erleuchtungs- und liebewege. Die durchgängig beibehaltene Kleinschreibung und das Fehlen der Satzzeichen dürften die assoziative Kraft verstärken helfen, konstituierend unterstützt durch das Coverfoto der Autorin, eine lebendige Sonnenblumenblüte auf ein in Grautönen variierendem kristallinem Grund. Der Inhalt ordnet sich, ebenso konsequent, unter die (aus dem ersten Ansatz ableitbaren) Überschriften herzfunken, feuerwind, sonnenmeer und, im Verzeichnis leicht abgesetzt, taube fliegt.
Gegenüber dem Vorläuferband «herzwortweben» (2017) verbleiben diese Gedichte stärker in einer traditionellen Form, nicht nur in der Abfolge durch Nummerierung und der (das Lesen erleichternden) Ausrichtung auf jeweils eine Buchseite, sondern zugleich in der Gliederung in größere oder kurze strophenartige Formate und durch eine wiederkehrende (an den Anapäst) erinnernde Metrik. Doch diese, die Gedanken formenden Bindungen setzt Frau Nürnberg gleichwohl in Freiheit ein und um. Zunächst können, oft die jeweils «letzten», Zeilen eingezogen, ein- oder mehrfach gestaffelt abgetreppt werden. Weiters sprechen die Leerstellen deutlich mit, seien es Absätze oder freibleibende Seitenpartien. Fragmente erscheinen nicht als abgerissen, sondern geben gleichsam die Stafette weiter; den Rhythmus gliedern Hiatus und Neubeginn; Textblöcke erhalten eine Luftdurchlässigkeit (wie ich’s nennen möchte). Und wenngleich die Stellung der Worte in durchaus gewohnter Abfolge verbleibt, wirken die unmittelbare Zusammenstellung von Substantiven, ob mehrfach, ob mit, ob ohne begleitendem Adjektiv, und Verben durch das Fehlen jeglicher Artikel und Interpunktion als buchstäblich verdichtete Kurzform, etwa in goldne schalen / bergen liebe / fließen götter (30) oder mond küsst sichel / regnet rosen (84). In diesem Komprimieren drückt sich ein entstehendes Werden aus, das stoffliche Mehrfachkombinationen und, darüber hinaus, ein spannungsreiches Gegenüber ermöglicht: eines Fließens versus Höhen und Tiefen, einer Strenge versus Wellenbewegung, einer weichen versus härterer aber vollerer Empfindungsweise. Insofern bleibt, den Pausen vergleichbar, der Verlauf dessen, was geschieht, offen. Das entscheidende überbrückende Element besteht in den Klangfarben der Silben, auf Vokalen aufbauend und sich da und dort zu Reimbildungen findend. marmorbrunnen / flechten sonnenbänder / gold fließt welle / herz keimt quelle / badet glück (57).
Die letzte Belegstelle erschliesst zudem die zweite Verbindungs-Möglichkeit: der Gehalt. Die Basis gibt die Dichterin selbst an: worte werden bild, später bilder werden wort (23). Ich würde das gerne fortschreiben zu «Wort ist bereits Bild», wird doch das alte Kunstmotto «ut pictura poesis» (hier umzudrehen!) wahrhaft lebendig. Zum anderen ergänzte ich zu: «Gedichte werden Bildung», kommt doch allüberall Frau Nürnbergs umfassendes, kosmopolitisches Wissen zum Tragen. Biblische Welt wandert zu griechischer Antike zu präkolumbianischen Völkern, Horus zu Franziskus zu Krishna, der Westen zu Indien zu Lateinamerika; eine inhaltliche Art des Auslotens, deren atmosphärischer Extrakt nachempfindend (auch: hörend) fortzuschreiben bleibt: lichte träume öffnen spalt (73). Bei aller zauberhaften Detailfülle war mir das Lesen ein wenig wie ein Fliegen, der Blick von oben gewendet nicht auf sondern über die Welt, im Zusammen von gestern und morgen. So geht meine Empfehlung, womöglich nicht ganz im Sinn der Poetin, für ein Kennenlernen einfach «irgendwo» aufschlagen, vielleicht auf S. 14 …


Literarisches Österreich, Herbst 2018

Elisabeth Schawerda
Dorothea Nürnberg - Sonnenwind, Lyrik
Ibera / European University Press 2018. ISBN 978-3-85052-374-5. 90 Seiten.

Dorothea Nürnbergs neuer Lyrikband ist eine Beschwörung der Schönheit, eine Verführung. Sobald man die Musik dieser Sprache erfasst hat, trägt sie den Leser weiter mit schwebenden Bewegungen. Bewegung ist allgegenwärtig in diesen Gedichten. („glück / hüpft / wolke / tanzt / verwegen“). Es sind sonnendurchflutete Zeilen, man denkt an Franz von Assisis Sonnengesang. Die Wahrnehmungsfähigkeit der Autorin ist von feinster Sinnlichkeit und Zärtlichkeit. Der 1. Teil des Bandes, ‚herzfunken‘, besingt die Elemente Himmel, Erde, Wasser und deren Bewohner, Vögel, Fische, und auch der Kater hat einen zierlichen Auftritt. „zauber summt“ auf jeder Seite dieses Buches.
Im 2. Teil, „feuerwind“ geht es um die vulkanische Kraft, die eruptive Energie des Feuers, auch des inneren Feuers. („erde wirft / ihr herz / ins all“). Das Wort „herz“ spielt eine große Rolle in Nürnbergs Gedichten, ebenso das Wort „liebe“. Fantasievolle Wortverbindungen (mondflügel, feuergärten, herzstaub, sonnenherzen, herzwindwehen…) steigern die suggestive Kraft der Gedichte. Das Feuer wird als Möglichkeit der Läuterung, als Weg gesehen: „flammen öffnen tore / wecken welten.“
Im 3. Zyklus, „sonnenmeer“, klingen indische und andere Inspirationen aus fernen, exotischen Ländern, deren Kulturen der weitgereisten Autorin vertraut sind, an. Unter diesen Gedichten befindet sich auch das Titelgebende des Buches (sonnenwind S. 57). Die lyrische Sprache beruht auf der Bedeutung des einzelnen Wortes, das in seiner Vielschichtigkeit und Musikalität Klanggemälde entstehen lässt. Die Frage nach dem manifesten Inhalt dieser Gedichte ist nicht einfach zu beantworten. Mythen und Archetypen werden angerührt und wie aus dem Schlaf geweckt in kurzen Zeilen und neu geborenen Wortkombinationen. Der schwebende Eindruck bleibt bestehen.
Im 3. Teil, „taube fliegt“, verfestigen sich die Zeilen, werden länger und gewinnen an Schwere. Das Dunkle, Problematische nimmt überhand. Worte wie „sondermüll“, „quallennebel“ tauchen auf, und „milchstraße beginnt zu dunkeln“. Die Gedichte, die um die Sonne kreisen, mit den Elementen spielend und von Schöpfungsmythen inspiriert, „wandern weiter. ohne fragen. es gilt zu kämpfen überall /…. In schattentälern wachsen geld und fragen. / gewinn und lust enthemmen pfad / macht lockt wie salz im wildgehege…“. Aber dann folgt „und doch. / es springt ein funke. / du hörst die quelle. / ein sonnenflügel streift den blick.“ –
Wer die Sonne besingt, besingt das Leben, das Dasein, die äußeren und die inneren Welten. Das geschieht in dieser exquisiten Lyrik auf eine das Unbewusste öffnende Weise. Es sind träumende Gedichte, in denen sich alles verbinden kann, was für die Autorin von Bedeutung ist. Doch sie haben – wie alle Träume – ihre Motivation in der Welt der Fakten, der Sinne, des Denkens und Fühlens.